NRW (r). Seit ein paar Tagen zeigt das Thermometer, zumindest in der Nacht, vielerorts Minusgrade an. In einigen Landesteilen – vor allem in den Mittelgebirgen – ist es schon länger frostig ; in anderen muss man sich dieser Tage erst an die Kälte gewöhnen. Unser Wald kommt auch mit ein em späten Winter zurecht. Was die Bäume nicht vertragen, ist ein ständiger Wechsel zwischen Wärme und Kälte.

„Waldbäume sind nicht so empfindlich. Sie treiben nicht beim ersten warmen Sonnenstrahl aus und gegen den Frost haben sie eine Art Frostschutzmitt el eingelagert“, weiß der für den nordrhein - westfälischen Staatswald zuständige Forstmann Hanns - Christian Wagner von Wald und Holz NRW . Im Herbst haben sich die Bäume durch den Fall der Blätter auf die kalten Wintertage vorbereitet. „Sind die Blätter weg, fällt der Baum in so etwas wie einen Winterschlaf und die empfindlichen Knospen sind von einer klebrigen Schutzschicht umgeben.“ Vor dem Laubfall werden die Nährstoffe aus den Blättern gezogen und wieder vom Baum aufgenommen. Diese Zuckerverbindungen reich ern sich in den Zellen an. Sie senken den Gefrierpunkt der Zellen, sodass sie nicht in der Kälte aufplatzen. So schützen sie den Baum vor dem Erfrieren, wie ein Frostschutzmittel – eine geniale Erfindung.

Frost sei wichtig, damit nicht so viele der lästig en Insekten überleben, denken viele Waldspaziergänger. Das ist aber falsch. Im Gegenteil: Insekten stecken auch lange Frostperioden locker weg. „Sie sind hart im Nehmen“, so Wagner. „ Trockene Kälte ist f ür Insekten völlig unproblematisch. In Frostperioden reduzieren sie ihre Körperfunktionen auf ein Minimum und fallen in eine Kältestarre. Sie sind dann für Wochen und Monate konserviert.“ Viel schwieriger für die Insekten sei nasskaltes Schmuddelwetter. „Bei Plusgraden und Regen drohen den Insekten tödliche Pilzkrankheiten.“

Insekten verbringen den Winter meist als Eier, Puppen oder Larven im Boden, der Laub - beziehungsweise Nadelstreu oder unter der Rinde von Bäumen. Einige suchen sich im Herbst Spalten oder Ritzen und fallen in eine Starre, bis die warme Frühlingssonne sie Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein - Westfalen wieder herauslockt. Das gilt beispielsweise für Marienkäfer. Mückeneier hingegen überleben im Schlamm auf dem Gewässerboden, solange dort das Wasser nicht gefriert. Wespenköniginnen suchen sich geschützte Verstecke, zum Beispiel hinter Baumrinden und bauen dann im Frühjahr wieder neue Völker auf.

Einige Waldpflanzen sind sogar auf Frostperioden angewiesen, um sich zu vermehren. Ein Beispiel ist der Bärlauch, der als eine der ersten Frühlingspflanzen schon bald in den Buchenwäldern seinen typischen Knoblauchgeruch verströmen wird. Bärlauchsamen brauchen mehrere Wochen andauernde Temperaturen um den Gefrierpunkt, um keimen zu können.

Viele Forstleute hoffen, dass die Frostperiode noch etwas länger dauert. Bisher war es im Wald viel zu nass und matschig. Für die winterliche Holzernte beziehungsweise die Sturmholzaufarbeitung nach Januarsturm „Friederike“ ist das sehr schlecht, denn die Maschinen können auf dem durchnässten Untergrund nicht optimal arbeiten. Nach Sturm Friederike ist in vielen Wäldern in Ostwestfalen, aber auch in Sauerland und Ruhrgebiet eine große Menge Sturmholz angefallen, das im durchnässten Wald nur schwer und sehr langsam aufgearbeitet werden kann. Eine späte Frostperiode k äme da gerade passend, damit die Försterin nen und Förster die Arbeiten bodenschonend fortsetzen können.

Foto: Friedhelm Stark, Waldland Hohenroth