Höxter (red). Die merkwürdige Grube am Archäologiepark der Landesgartenschau Höxter gibt manchen Besuchern Rätsel auf. Sie ist umgeben von hölzernen Sitzstufen und einem Geländer, ganz unten eine Plane, die irgendetwas verbirgt. Eine vergessene Baustelle? Nein, das ist Archäologie live.

Die Kinder aus dem dritten Schuljahr der Grundschule am Nicolaitor in Höxter gehören zu den ersten, die gemeinsam mit Ralf Mahytka ins Mittelalter abtauchen dürfen. Sie helfen dem Stadtarchäologen dabei, einen Keller freizulegen, der dort bei den Bauarbeiten für die Landesgartenschau gefunden worden war. „Wir waren total überrascht, als wir den entdeckt haben“, erklärt Mahytka den Schülern. Im Boden des Weserbogens liegt der Grundriss einer ganzen Stadt verborgen.

Elf Kinder lassen sich auf den Kniebrettern nieder und greifen zur Kelle. Vorsichtig und ganz konzentriert kratzen sie die Erde ab, Schicht für Schicht. „Hier sind ganz viele schwarze Punkte“, ruft Luis. „Das ist von der niederbrannten Stadt“, vermutet der Neunjährige. Tatsächlich wird die Kohle aus dem Jahr 1265 stammen, als der Paderborner Bischof und die Nachbarn aus dem nur zwei Kilometer entfernten Höxter die junge Stadt Corvey überfielen und anzündeten. „Ein Experte könnte jetzt im Labor bestimmen, wie alt die Holzkohle ist“, sagt der Archäologe.

„Ich hab was gefunden“, ruft ein Mädchen begeistert. Mahytka wäscht das kleine, braune Ding in etwas Wasser ab und nimmt es näher in Augenschein: „Das ist das tatsächlich eine Scherbe  - vielleicht von einem Krug oder Kochtopf“, bestätigt er. Scherbe oder Stein – das ist bei Grabungen die Gretchenfrage. „Scherben sind gebogen, Steine flach.“ Lehrerin Anna-Elisabeth Falk ist ebenfalls interessiert: „Der feine Unterschied“, kommentiert sie.

Grabungshelfer Gerd Dohmen hat noch einen Geheimtipp für die Nachwuchs-Archäologen: „Wenn das man unbekannte Fundstück auf die Kelle fallen lässt, dann klingen Steine höher und Scherben eher dumpf.“  Mahytka zeigt den Kindern größere, aufwändig verzierte Bruchstücke aus seinem Fundus. „Das ist echt spannend“, sagen die Kids und greifen wieder zur Kelle und schaufeln die lose Erde in Eimer, um den Überblick zu behalten.

„Vielleicht ist hier ganz unten ein richtiger Fußboden aus Steinplatten“, vermutet Mahytka. Die Leute, die hier ganz zentral in der versunkenen Stadt Corvey gewohnt haben, könnten Kaufleute gewesen sein. „Ihr Keller war jedenfalls größer als der vom Chirurgen von der Weser.“ Der bekannte Mediziner hatte schon im Mittelalter Augenoperationen durchgeführt, sogar den Grauen Star gestochen. Sogar sein Operationsbesteck hat man bei früheren Grabungen wenige Meter entfernt gefunden.

Wieder hat eine Schülerin etwas entdeckt. Ralf Mahytka wiegt das spitze Fundstück in seiner Hand „Das muss ich mir genauer ansehen. Ich habe da einen Verdacht“, sagt er und setzt die Lesebrille auf. Das interessante Ding ist viel schwerer als Scherben oder Steine. „Das ist Metall“, klärt der Stadtarchäologe die Kinder auf, die ihn sofort umringen. „Wäre es Eisen, würde des rot rosten. Das hier ist aber eher grün verspatet – also Buntmetall.“ Das Fundstück bekommt eine extra Tüte. „Das muss ich mir genau ansehen. Vielleicht kommt es ja sogar ins Museum.“ So wie der Ziernagel von einer Kiste, den er kürzlich hier entdeckt hat.

Live-Grabungen mit Ralf Mahytka sind an jedem dritten Samstag im Monat nachmittags und immer dienstags und donnerstags von 14 bis 16 Uhr. Anmeldungen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Falls noch Plätze frei sind, kann man auch spontan mitmachen. Festes Schuhwerk ist jedoch erforderlich. Bei Regen fällt die Mitmach-Archäologie aus.

Im Archäologiepark begegnen die Gartenschau-Besucher an fünf Holzkuben in Hörspielen Bewohnern der Stadt Corvey  – wie dem Chirurgen von der Weser oder dem Wachmann. Und sie können sich die imposante Weserbrücke, die Marktkirche, den Hellweg oder die Stadtbefestigung virtuell auf dem Handy-Display anzeigen lassen. 

Fotos: LGS Höxter/Manuela Puls