Warburg (red). Die MUT-TOUR ist ein Aktionsprogramm, das sich seit 2012 durch Deutschland bewegt und bei dem der Name Programm ist: Mutige Teilnehmende möchten anderen Mut machen, Hilfe anzunehmen und in den Dialog zu treten. Bislang haben rund 260 Menschen mit und ohne Depressionserfahrungen über 35.000 Kilometer zurückgelegt. Durch tägliche Interviews mit den Medien vor Ort ist es ihnen gelungen, einen unverkrampften Umgang mit dem Thema Depression in Form von 3.450 ermutigenden Berichten weiterzugeben. Nachdem die MUT-TOUR 2020 überwiegend virtuell stattgefunden hat, sind die Sechserteams in diesem Sommer wieder vom 17. Juli bis 18. September in insgesamt zehn Etappen corona-konform in ganz Deutschland unterwegs. Auf Tandems und zu Fuß beim Wandern erleben sie gemeinsam Bewegung und Natur.
Durch die Öffentlichkeitsarbeit geben die Teilnehmenden ihre Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung weiter und berichten zum Beispiel, dass das Gemeinschaftserlebnis einen positiven Einfluss auf sie hat. Auch Teilnehmende, die selbst nicht betroffen sind, profitieren von diesem Austausch und erleben Depressionserfahrungen als eine wertvolle Ressource. Durch die Corona-Pandemie hat das Thema an Aufmerksamkeit gewonnen, da noch mehr Menschen direkt und indirekt mit psychischen Krisen konfrontiert werden. Während der MUT-TOUR wird es in rund 15 Städten öffentliche Aktionen und Informationsangebote geben. An einigen Orten präsentieren sich lokale Vereine und Institutionen aus den Bereichen Psychosoziales, Sport und Gesundheit.
Außerdem besteht immer wieder die Möglichkeit, die Tandems bei verschiedenen Mitfahr-Aktionen für ein paar Kilometer mit dem eigenen Fahrrad zu begleiten: https://www.mut-tour.de/dabei-sein Partner machen die MUT-TOUR 2021 erst möglich: Trägerverein der MUT-TOUR ist der bundesweit tätige Betroffenenverband Deutsche DepressionsLiga e.V. Die drei Krankenversicherer BARMER, Die Techniker Krankenkasse und DAK-Gesundheit sowie die Deutsche Rentenversicherung Bund, verschiedene Landes-DRVen sowie die Bad Laer Stiftung zur Förderung des Gesundheitswesens und Kämpgen~Stiftung sind Kostenträger*innen. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe, der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V., der Mut fördern e.V. und der Fahrrad-Club ADFC e.V. sind Bundespartner*innen der MUT-TOUR.
MUT-TOUR 2021: Fact-Sheet
- Start: Samstag, 17. Juli, Stadthagen / Ziel: Sonntag, 18. September, Bensheim
- 3.100 Kilometer Gesamtstrecke
- bundesweit zehn Etappen à sieben bis neun Tage
- insgesamt rund 60 Teilnehmer, verteilt auf 10 Etappen-Teams: zwei fahren täglich circa 55 km auf drei Tandems, zwei wandern in Begleitung von zwei Pferden rund 20 km am Tag
- Trägerverein: Deutsche DepressionsLiga e.V.
- Kostenträger: BARMER, Die Techniker Krankenkasse, DAK-Gesundheit, Deutsche Rentenversicherung, Kämpgen-Stiftung und Gesundheitszentrum Bad Laer Stiftung zur Förderung des Gesundheitswesens
- Partner: ADFC e.V., Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V., Deutscher Behindertensportverband e.V.
- Persönliche Schirmherren: Willi Lemke und Annelie Keil
- Institutioneller Schirmherr: Stiftung Deutsche Depressionshilfe
- Projektleitung: Sebastian Burger, Annika Schulz, Mitarbeit: Franziska Radczun
Drei unserer Teilnehmenden aus ganz Deutschland stehen auch im Vorfeld für Interviews zur Verfügung, zum Beispiel: Mia, 30 aus Berlin (eigene Depressionserfahrung), fährt seit 2016 bei der MUT-TOUR mit: “Gegen das Tabu der Depression anzutreten ist eine gute Sache, da möchte ich am Ball bleiben – das ist mein Hauptansporn. Durch Interviews und bei den Mitmach-Aktionen können wir viele Menschen erreichen. Mir hat es geholfen, die Depression als Teil von mir zu akzeptieren, der immer mal mehr oder weniger oder auch mal gar nicht präsent ist. Nur so kann ich damit im Alltag zurechtkommen, ohne mir für die Antriebslosigkeit noch mehr Vorwürfe zu machen.”
Gerd, 65 (eigene Depressionserfahrung) aus Leinfelden-Echterdingen, fährt und wandert seit 2019 bei der MUT-TOUR mit: “Bei der MUT-TOUR kann ich mit anderen Betroffenen und Nichtbetroffenen in Kontakt kommen, etwas gegen die Unwissenheit beim Thema Depression tun und zeigen, dass man mit ihr zurechtkommen kann.” Ihm gefällt auch die gegenseitige Unterstützung in der Gemeinschaft, die sich in kurzer Zeit bildet. “Das einander Helfen und sich Akzeptieren, die Bewegung unter freiem Himmel – all das hilft mir, das Grübeln zu unterbrechen.”
Bettie, 57, Hannover (sowohl eigene als auch Depressionserfahrung als Angehörige) fährt seit 2017 bei der Mut-Tour mit: “Ich habe mich früh entschlossen, aus meiner Erkrankung im Freundeskreis kein Geheimnis zu machen und werbe dafür, offen Themen seelischer Gesundheit und Erkrankung anzusprechen. Tabus helfen den Betroffenen nicht, sondern beschleunigen die Negativ-Spirale, in der sich Betroffene befinden. Trotz mehrerer schwerer Depressions-Episoden habe ich gelernt, meine Rest-Symptome wie Antriebslosigkeit und gelegentliche Niedergeschlagenheit so in Schach zu halten, dass ich meinem Job nachgehen und sogar die Energie für andere erfüllende Aktivitäten aufbringen kann. Ich habe gelernt, besser auf mich aufzupassen und kann ohne schlechtes Gewissen auch mal "Nein!" sagen.”
Fotos: Andreas Stenzel, Joanna Kosowska