Kreis Höxter/Warburg (tab). Für viele Pferde endet die sogenannte atypische Weidemyopathie tödlich. Bei dieser Krankheit handelt es sich um eine Muskelerkrankung, die die Herz- und Skelettmuskelzellen zerstört. Verantwortlich dafür ist die toxische Aminosäure Hypoglycin A (HGA) - ein Gift, das vorwiegend im Samen des Bergahorns vorkommt und das Pferde beim Grasen auf der Weide aufnehmen können. „Das ist vor allem im Herbst der Fall, wenn die Temperaturen schwanken. Tagsüber steigen sie in den zweistelligen Plusbereich, nachts ist Bodenfrost möglich. Der Ahorn, aber auch andere Sorten reagieren mit fatalen Folgen für die Pferde“, berichtet Sophie von Twickel, Tierärztin in der Tierarztpraxis Dres. med. vet. Reinhard Böhlen und Dr. Elmar Rieland in Warburg. Und sie wird klar, was die Fälle in der Gemeinschaftspraxis am Desenberg betrifft: „An der atypischen Weidemyopathie sind in den zurückliegenden vier Wochen neun Pferde gestorben, ein Pferd in Daseburg, eins in Nörde, zwei in Körbecke sowie ein Pferd in Grebenstein, drei in Ahnatal und eins in Fürstenwald.“ Wie viele Tiere insgesamt im Kreis Höxter von der Krankheit betroffen sind, ist nicht bekannt. „Die Erkrankung ist nicht meldepflichtig“, sagt Höxters Kreisveterinär Dr. Jens Tschachtschal auf Nachfrage von Warburg-News.
Wenn Pferde erkranken, treten die Symptome plötzlich auf. Folgende Anzeichen sind typisch:
kolikartige Beschwerden
steifer, schwankender Gang
Pferd schwitzt stark
Pferd zeigt Schmerzreaktion bei Berührung der Muskeln; plötzliche Muskelschwäche, Pferd kann nicht mehr laufen und stehen
Pferd legt sich hin vor Schwäche
gesenkte Kopf-Hals-Haltung
erhöhte Atemfrequenz
Herzrasen; oft über 100 Schläge pro Minute
Möglicherweise kaffeebrauner Urin
Harnabsatz beeinträchtigt
Körpertemperatur kann erhöht sein
Viele Pferde verkrampfen sich vor Schmerzen und rudern im Liegen mit den Beinen
Probleme beim Schlucken möglich; Tiere zeigen trotzdem Appetit und fressen teils sogar noch im Liegen
Sophie von Twickel erklärt: „Nach Aufnahme des Ahorn-Samens dauert es ein bis zwei Tage, bis Symptome der atypischen Weidemyopathie auftreten. Es ist oft schwierig, diese Krankheit auf den ersten Blick zu erkennen.“ Anzeichen, an denen sich die Erkrankung feststellen lässt, könnten sich ganz unterschiedlich äußern, sagt sie. Oftmals seien Jungtiere betroffen, die Tag und Nacht auf der Wiese verbringen. Sophie von Twickel: „Im Herbst sind die Wiesen kahl gefressen, und wenn sie nichts zugefüttert bekommen, mangelt es ihnen an Energie, deshalb sind sie anfälliger. Pferde, die nur ein paar Stunden auf die Wiese gelassen werden, erkranken hingegen seltener an der atypischen Weidemyopathie.“ Die Erkrankung wurde erstmals 1984 in Schottland beschrieben, wahrscheinlich ist sie aber schon länger bekannt. Sie ist weltweit verbreitet. 1995 erkrankten 115 Pferde in Deutschland, 111 starben. Von 2000 bis 2008 sind etwa 750 Pferde weltweit daran gestorben.