Warburg (red). Das Betreuungsrecht ist dieses Jahr 25 Jahre alt geworden. Für den Sozialdienst katholischer Frauen in Warburg als anerkannter Betreuungsverein ein Anlass, die zurückliegenden 25 Jahre Revue passieren zu lassen. Der Beginn der rechtlichen Betreuung in seiner heutigen Gestalt liegt im Jahr 1992, als das Betreuungsrecht als „Jahrhundertgesetz“ gefeiert in Kraft trat. Die bis dahin geltende Praxis von Entmündigung und Vormundschaft wurde zu Gunsten der Selbstbestimmung des Betreuten grundlegend verändert.
Gerburg Wiemers: „Das Bürgerliche Gesetzbuch sah in seiner ursprünglichen Fassung vor, dass Menschen, die in Folge von „Geisteskrankheit“ ihre Angelegenheiten nicht zu besorgen vermochten oder durch „Trunksucht“ oder „Verschwendung“ sich oder ihre Familie der Gefahr des Notstandes aussetzten oder die Sicherheit Anderer gefährdeten, entmündigt werden konnten. Die Konsequenz war, dass die Entmündigten in ihrer Geschäftsfähigkeit Minderjährigen gleichgestellt waren. Der dann eingesetzte Vormund galt als Stellvertreter des „Mündels“ (althochdeutsch: munt = „Schirm, Schutz, Gewalt)."
Auch wenn sowohl vor, als auch nach der Reform des Betreuungsrechts 1992 der Schutz des Betreuten im Mittelpunkt stand, so ist die Art und Weise der Betreuung grundlegend verschieden. Das heutige Betreuungsrecht definiert das Selbstbestimmungsrecht und den Willen des Betreuten als zentrales Merkmal der Betreuung. Dies beinhaltet auch den Wünschen und Vorstellungen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies möglich ist und keine Gefahr für den Betreuten darstellt. Auch auf internationaler Ebene findet dieser Grundsatz Anwendung. So sieht die UN-Behindertenrechtskonvention ebenfalls vor, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zu treffen haben, um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen und sichergestellt werden muss, dass Wille und Präferenzen von Menschen mit Behinderung geachtet werden.
Claudia Stuhldreier-Müller erklärt: „Die Einrichtung einer Betreuung erfolgt durch das zuständige Amtsgericht. Im Kreis Höxter bestanden am 30.09.2017 insgesamt 2893 Betreuungen. Voraussetzung für das Einrichten einer Betreuung ist, dass die Betroffenen wegen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Interessen selbst zu vertreten und das 18. Lebensjahr vollendet haben. Aufgrund der Besonderheit einer jeden einzelnen Betreuungssituation wird der Umfang der Betreuung an die individuellen Bedürfnisse des Betreuten angepasst. Das Gericht unterscheidet hier die Bereiche Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Behördenangelegenheiten und Aufenthaltsbestimmung.“ In der Regel übernimmt ein Angehöriger oder ein anderer Ehrenamtlicher die Betreuung. Hierbei handelt es sich um eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, welche insbesondere zu Beginn, als auch in Krisensituationen sehr aufwendig und umfangreich sein kann. Oft müssen sich die Ehrenamtlichen mit Ihnen noch unbekannten Sachverhalten auseinandersetzen und diese für ihre Betreuten regeln. Doch diese Aufgabe müssen sie nicht allein meistern.
Agnes Neuhaus, die Gründerin des Sozialdienstes katholischer Frauen, hat hierfür die sogenannte „organisierte Einzelvormundschaft“ entwickelt. Diese sieht vor, dass die ehrenamtlichen Betreuer weitreichende Unterstützung von Seiten des Vereins erhalten. Diese Organisationsform ist noch heute fester Bestandteil der Arbeit des Betreuungsvereins des SkF. Jessica Schnaase erläutert, dass neben der Übernahme berufsmäßiger Betreuungen die Fachkräfte des SKF die Ehrenamtlichen informieren, schulen und beraten, und sie versuchen stets, neue Betreuer zu gewinnen. Der Sozialdienst katholischer Frauen ist im Kreis Höxter der einzige Betreuungsverein, der ehrenamtliche Betreuer und Bevollmächtigte begleitet.
Die Mitarbeiterinnen unterstützen neben den derzeit 60 eigenen Betreuungen, aktuell 128 ehrenamtliche Betreuer, die wiederum 175 Betreuungen führen, sowie 7 Bevollmächtigte. Mit dem Angebot von allgemeinen Sprechstunden, Einführungsseminaren und Fortbildungsveranstaltungen und mit der Online-Beratung werden zudem Ratsuchende erreicht. Im Bereich der gesetzlichen Betreuungen will der SkF auch zukünftig Fürsprecher ehrenamtlicher Betreuer und Bevollmächtigter sein, die sich in aller Stille und mit hohem persönlichen Einsatz für andere engagieren und eine Lanze für die Menschen brechen, deren Wohl dem Verein direkt durch das Führen von Betreuungen oder indirekt durch die Begleitung Ehrenamtlicher und Bevollmächtigter anvertraut ist und die in der Gesellschaft keine Lobby haben.