Warburg (red). Ein Leben retten: Eigentlich ganz einfach. In Deutschland sterben jedes Jahr rund 70 000 Menschen außerhalb eines Krankenhauses an einem akuten Herz-Kreislaufversagen. Davon könnten nach Expertenmeinungen ein nicht unerheblicher Teil noch leben, wenn umgehend Wiederbelebungsmaßnahmen durch Laien eingeleitet würden. Aus diesem Grund fand in dieser Woche der erste weltweite Tag der Wiederbelebung („World Restart a Heart“-Day) statt, der die Aktivitäten aller Länder zu diesem Thema verband und die Menschen auf der ganzen Welt zum Mitmachen aufrief. Auch das Helios-Klinikum Warburg beteiligte sich daran. „Dass gerade bei uns Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema notwendig ist, zeigt der Vergleich mit anderen Ländern“, sagt Maike Hesse, Pressesprecherin des Warburger Krankenhauses. Die Wiederbelebungsrate durch Ersthelfer liege in Deutschland bei rund 42 %, Europaweit bei 47 % und in den skandinavischen Ländern bei 60-80 %. Ursächlich hierfür müsse davon ausgegangen werden, dass in den skandinavischen Ländern die Unterweisung in Wiederbelebung ein fester Bestandteil bereits im Schulunterricht ist. „Aus diesem Grund möchten wir uns zu diesem Thema weiter engagieren“, so Dr. Dietmar Hohmann. „Mit unserer Aufklärungsarbeit möchten wir den Menschen die Angst nehmen, im Notfall etwas falsch zu machen. Denn man macht nur etwas falsch, wenn man nichts tut“, führt der Intensiv- und Notfallmediziner des Helios-Klinikums weiter aus. „Durch rechtzeitig durchgeführte Laien-Reanimation könnten jährlich etwa 10 000 Menschenleben mehr gerettet werden - und das rechtfertigt unsere Bemühungen“, erklärt Hohmann. Wie schnell man in eine solche Notfallsituation kommen kann zeigt die Geschichte von Dr. Dietmar Hohmann. Der Intensivmediziner war im vergangenen Jahr auf einer Skipiste in Arosa unterwegs, als er einen leblosen Menschen mit Herz-Kreislaufstillstand auf der Piste liegen sah. Er konnte mit Hilfe einfacher Wiederbelebungsmaßnahmen und dem Einsatz eines AED, der sich im Erste-Hilfe-Rucksackes eines Bergretters befand, das Leben des 40-jährigen retten. Durch die schnelle Hilfe konnte ein irreversibler Hirnschaden des Betroffenen verhindert werden.

? Doch warum ist es wichtig, einem Herzstillstand-Opfer auf den Brustkorb zu drücken? Es ist vor allem das Gehirn, für das Sauerstoff lebensnotwendig ist. Der Blutkreislauf transportiert Sauerstoff, Glucose und andere Nährstoffe ins Gehirn und führt gleichzeitig Kohlenstoffdioxid ab. Der Blutfluss beträgt beim Gesunden zwischen 40 und 50 Milliliter pro 100 Gramm Gehirn und pro Minute. Bei einem Herzstillstand funktioniert dieser Kreislauf nicht mehr. „Sinkt dieser Blutfluss auf unter zehn Milliliter oder wie beim Kreislaufstillstand sogar bis auf null, so führt das innerhalb von kurzer Zeit zum Zelluntergang mit bleibenden Hirnschäden. Nach zirka zehn Minuten tritt der irreversible Hirntod ein“, sagt Prof. Hermann Klein, Kardiologe im Helios-Klinikum Warburg. „Daher ist es so wichtig durch kräftige äußere Kompression des Brustkorbs künstlich einen Blutfluss zu erzeugen, der das Gehirn in dieser kritischen Phase weiter mit sauerstoffreichen Blut versorgt, um bleibende Schäden zu vermeiden“, so Prof. Klein.

Ein hoher Anteil von akuten Herz-Kreislauf-Stillständen ereignet sich unter Anwesenheit Dritter. Tritt dieser Fall ein, trauen sich viele Menschen aus Angst nicht zu, insbesondere die notwendigen Wiederbelebungsmaßnahmen durchzuführen. Eine kurze Anleitung soll helfen, Ruhe zu bewahren und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Die Botschaft von Dr. Dietmar Hohmann ist einfach: Man kann einfach nichts falsch machen.


PRÜFEN: Überprüfen Sie zunächst die Reaktionsfähigkeit und Atmung der leblosen Person. Bleibt eine Reaktion auch auf einen starken Schmerzreiz aus und ist keine Atmung festzustellen, so muss von einem Herz-Kreislauf-Stillstand ausgegangen werden. Das Leben des Betroffenen ist damit akut in Gefahr.
RUFEN: Setzen Sie dann umgehend einen Notruf ab! Wählen Sie hierzu die europaweite Notrufnummer 112 zur Anforderung von Rettungsdienst und Notarzt. Beenden Sie Ihren Notruf erst auf Aufforderung. ?Nach Alarmierung der Einsatzkräfte wird der den Notruf annehmende Leitstellendisponent Sie bei der Durchführung der weiteren Maßnahmen telefonisch unterstützen. Fordern Sie zudem weitere umstehende Beteiligte zur Hilfe auf. ?
DRÜCKEN: Beginnen Sie nun sofort bis zum Eintreffen der Rettungskräfte mit einer Herzdruckmassage. Machen Sie hierzu den Brustkorb des Patienten frei, legen Sie ihre Hände übereinander gekreuzt auf die Mitte des Brustbeins und drücken Sie schnell und kräftig mindestens 100-120 x pro Minute (Orientieren Sie sich dabei zum Beispiel an dem Rhythmus des Liedes „Staying Alive“ von den Bee Gees). Hören Sie nicht auf zu drücken, bis professionelle Hilfe eintrifft. Effektive Herzdruckmassage ist anstrengend! Lösen Sie sich gegenseitig ab, wenn weitere Helfer vor Ort sind. Sollte ein (Laien)Defibrillator (AED) in der Nähe verfügbar sein, lassen Sie diesen durch umstehende Personen holen. Sobald man den Deckel des Gerätes öffnet, schaltet sich der AED automatisch ein und leitet den Helfer sprachgesteuert bei der weiteren Handhabung an. Auch hier braucht man keine Angst vor einer Fehlbehandlung zu haben, dies ist gerätetechnisch ausgeschlossen.

Wichtig zu wissen: Der Einsatz des AED ersetzt nicht die Fortführung der Herz-Druckmassage. ?Viele Helfer sind nach alter Lehrmeinung der Ansicht, dass zu einer Herzdruckmassage auch die Mund-zu-Mund-Beatmung gehört. Das, so Prof. Klein, sei bei Erwachsenen nach neueren Erkenntnissen nicht mehr zwingend notwendig, zumindest nicht in den ersten Minuten bis der Rettungsdienst eintrifft. Solange sei immer noch ausreichend Restsauerstoff im Blut vorhanden, um während dieser Zeit auf eine künstliche Beatmung, die viele Ersthelfer von Wiederbelebungsmaßnahmen abgeschreckt hat, zu verzichten. Prof. Klein hat maßgeblich bei der Erstellung der neuen Richtlinien zur Wiederbelebung mitgewirkt.